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Genealogie


Genealogie ( altgriech. : γενεαλογια, die Geschlechterkunde), auch Familienforschung , volkstŸmlich auch Ahnenforschung ist eine so genannte historische Hilfswissenschaft und befasst sich mit der Abstammung eines Lebewesens von anderen Lebewesen. Der Begriff bezieht sich in erster Linie auf Menschen . Auch im Bereich der Tiere wird der Begriff gelegentlich gebraucht, z.B. fŸr Hunde und Pferde. Personen , die sich mit der auf Menschen bezogenen Genealogie befassen, bezeichnet man als Genealogen oder Familienforscher. Im Ÿbertragenen Sinne spricht man auch von der Genealogie von Ideen , wenn man deren VerknŸpfung betrachten mšchte. (Begriffsportal.de vom 23.02.2005)


Gegenstand der Genealogie

In der Genealogie erforscht man, von einer bestimmten Person als Proband ausgehend, die Abstammung in aufsteigender Linie und damit die Vorfahren beziehungsweise Ahnen (daher die volkstŸmliche Bezeichnung Ahnenforschung) einer Person oder in absteigender Linie deren Nachkommen. Personen, die genealogisch miteinander verknŸpft sind, gehšren zu einer Verwandtschaft. Sobald die Beschreibung der ZusammenhŠnge Ÿber die biologischen Tatsachen hinausgeht, wird auch der Begriff Familiengeschichtsforschung gebraucht.

Die Darstellung der ZusammenhŠnge kann in aufsteigender Linie in Form einer Ahnentafel oder Ahnenliste erfolgen, in absteigender Linie als Nachkommentafel oder Nachkommenliste. Werden nur die mŠnnlichen Vorfahren oder Nachkommen erfasst, so handelt es sich um eine Stammtafel beziehungsweise Stammliste.

Die verwandtschaftlichen ZusammenhŠnge der Einwohner eines Ortes werden in einem Ortsfamilienbuch dargestellt, nur auf die Hausbesitzer beschrŠnkt in einem HŠuserbuch.

Ein selbstŠndiges Wissensgebiet ist fŸr Familienforscher die Namenforschung, die die Herkunft, Verbreitung und Bedeutung von Familiennamen untersucht.  

 

Die Basis jeglicher genealogischen Forschung ist der Stammbaum.

Beispiel Stammbaum Johann-Sebastian Bach

grš§ere Ansicht des Stammbaums

Forschungsmethoden

Das Interesse an der Genealogie erwacht meist an der eigenen Familie. Man beginnt mit Fragen an Eltern, Gro§eltern und Verwandte nach familiŠren ZusammenhŠngen und der Herkunft der Vorfahren. FamilienbŸcher, Familienfotos und ein mšglicherweise noch vorhandener Ahnenpass liefern weitere Informationen. Diese Fotos, urkundliche Belege und Dokumente sowie die Biografien bzw. Lebensbilder der Gro§eltern, Urgro§eltern und weiterer Verwandter sind der Grundstock fŸr eine Familienchronik.

Die weitere Forschung erfordert allerdings die BeschŠftigung mit den Quellen. Hierzu benštigt man Fachwissen, das man nicht studieren kann und das sich jeder Genealoge im Laufe seiner ForschungstŠtigkeit aneignet.

Die Forschung an Šlteren Quellen wie den KirchenbŸchern erfordert die FŠhigkeit des Lesens alter Schriften (siehe PalŠografie). VerŠnderlichkeit der Familiennamen und ein ausgedehnter Heiratskreis der zu erforschenden Personen sind zu berŸcksichtigen. Die Forschung gelangt bisweilen an den sogenannten Toten Punkt, den es zu Ÿberwinden gilt. Mit der Verdopplung der Zahl der Vorfahren in jeder Generation weitet sich das Bild von der persšnlichen Ahnenschaft aus zu Themen wie Heimatgeschichte, Sozialgeschichte, Wirtschaftsgeschichte und Bevšlkerungsgeschichte ganzer Orte (siehe Ortsfamilienbuch) oder Regionen.

Anstatt der eigenen kann man auch die Vorfahren und Nachkommen von historischen Persšnlichkeiten oder von herausragenden Vertretern bestimmter Berufsgruppen (siehe Gelehrtenfamilien) erforschen. In einem reiferen Stadium kommt der Forscher zu einer immer grš§eren Genauigkeit und Detailliertheit bei der Erfassung der Daten. Beispielsweise kann man die Geschwister der Vorfahren einbeziehen, ihre Ehepartner, ihre Kinder und die soziale Stellung ihrer jeweiligen Schwiegereltern, wodurch wissenschaftliche SekundŠranalysen der Daten sinnvoll und besonders aussagekrŠftig werden.

Das Grundproblem einer weitgehend von Laienforschern betriebenen Datenerhebung und -darstellung in der Genealogie besteht darin, die Forscher so weit zu qualifizieren und zu motivieren, dass die erhobenen Daten den Kriterien der QualitŠt und Wissenschaftlichkeit gerecht werden und als Teil eines grš§eren Ganzen gesehen werden.

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Spezielle Fragestellungen

á        Erforschung bestimmter Berufsgruppen (z.B. Gelehrte, Pfarrer, Glasmacher, MŸller, Scharfrichter)

á        VollstŠndige Erfassung der Bevšlkerung eines Ortes in einem Ortsfamilienbuch

á        Wirte- und Hšfeforschung (Inhaber von Gast- bzw. Bauernhšfen)

á        Auswandererforschung

 

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Geschichte

³Genealogie gab es eher unter den Menschen als Historieã, sagte bereits der Historiker Johann Christoph Gatterer (1727-1799), der 1788 einen ³Abri§ der Genealogieã veršffentlichte. In den alten Hochkulturen war die Genealogie der Helden und Kšnige die Form der Geschichtschronologie schlechthin (man denke an die ersten Kapitel der Bibel). Die frŸhe mittelalterliche Genealogie war vor allem eine Geschichte der Stammreihen des Hochadels. Der Adel insgesamt brauchte den Nachweis der Abstammung, um BesitzansprŸche geltend zu machen oder die Qualifikation fŸr bestimmte €mter nachzuweisen.

Erst an der Wende zur Neuzeit begannen auch wohlhabende bŸrgerliche Geschlechter damit, ihre Ahnen aufzuschreiben. Die ZŸnfte verlangten von jedem AuswŠrtigen, der ein Handwerk in der Stadt erlernen oder ausŸben wollte, einen Geburtsbrief. Mit dem Verein Der Herold (http://herold.genealogy.net/) entstanden 1869 in Berlin und mit ³Der Adlerã 1870 in Wien die ersten genealogischen Vereine (http://vereine.genealogy.net/) fŸr Heraldik und Genealogie. 1902 wurde ³Der Rolandã in Dresden als erster bŸrgerlicher Verein der Welt gegrŸndet.

Parallel dazu entwickelte sich die Genealogie im Dienste der Tierzucht. Seit dem 18. Jahrhundert werden StammbŸcher zum Beispiel auch fŸr Rennpferde gefŸhrt, spŠter gefolgt von den HerdbŸchern zahlreicher Nutztier-Rassen (siehe auch Abstammungsbewertung).

Um die Wende zum 20. Jahrhundert begann die eigentliche Entwicklung der Genealogie in Breite und Tiefe. Die ³Gothaischen Genealogischen TaschenbŸcherã (³Almanach de Gothaã), die ursprŸnglich schon seit 1765 als Hofkalender in Gotha erschienen und ab September 1785 (bis 1944) vom Verlag Justus Perthes in Gotha herausgegeben wurden, šffneten sich nunmehr auch fŸr bŸrgerliche Familien und gaben deren Herkunft an, zum Teil aus bŠuerlicher und anderer Wurzel. 1904 wurde in Leipzig die Zentralstelle fŸr Deutsche Personen- und Familiengeschichte gegrŸndet. 1913 erschien das ³Handbuch der praktischen Genealogieã. In dieser Pionierzeit war die junge Genealogie von zukunftsweisenden und interdisziplinŠr denkenden Persšnlichkeiten geprŠgt, die die Genealogie in den Dienst der Sozialwissenschaft stellen wollten. In der weitgehend auf Laienforschung beruhenden Genealogie blieb jedoch die Resonanz auf diese Anregungen gering. In den zwanziger Jahren begann der Anthropologe Walter Scheidt mit seinen Mitarbeitern, KirchenbŸcher populationsgenetisch auszuwerten, wozu er die Mitarbeit von Genealogen suchte. Von mehreren Pfarrern angeregt, begann parallel dazu, unter dem Stichwort Volksgenealogie eine Arbeitsrichtung zu entstehen, die nicht mehr nur die Genealogie der begŸterten Schichten im Auge hatte, sondern der gesamten Bevšlkerung. Bereits vor 1933 gab es im deutschen Sprachraum eine gro§e Zahl regionaler genealogischer Vereine und Zeitschriften. In ihren VortrŠgen und Publikationen war eine NaivitŠt in Bezug auf Schlagworte wie Vererbung, Rasse und Heimat verbreitet.

Ab 1933 versuchte die nationalsozialistische Politik zielstrebig, die genealogischen Vereine gleichzuschalten, und die Genealogie wurde in den Dienst der Blut- und Bodenideologie gestellt. Das Berufsbeamtengesetz verlangte den Nachweis der so genannten arischen Abstammung (zum Beispiel durch den Ahnenpass), und die Genealogie wurde zur Sippenforschung. 1939 lief in 3000 Gemeinden die Arbeit an DorfsippenbŸchern. - 1934 wurde in MŸnchen das Kaiser-Wilhelm-Institut fŸr Genealogie und Demografie gegrŸndet, in dem eine Reihe Arbeiten Ÿber die ErbgŠnge psychischer Erkrankungen, aber auch die Genealogie von Hochbegabungen fertiggestellt wurden.

Karl Fšrster (1873-1931) hatte die Notwendigkeit erkannt, die genealogische Laienforschung besser zu organisieren und Daten fŸr Forschungszwecke zentral zu sammeln. Bereits 1921 hatte er den Ahnenlistenumlauf gegrŸndet, dessen Daten in die Ahnenstammkartei des deutschen Volkes eingearbeitet wurden. Diese sachlichen Leistungen konnten nicht verhindern, dass die Genealogie (der Volksmund sprach eigentlich nur von Ahnenforschung zum Zwecke des Ariernachweises) in zunehmenden Ma§e als eine Begleiterscheinung des Dritten Reiches angesehen wurde. Das hatte die katastrophale Folge, dass 1945 fast die gesamte organisatorische Basis der Genealogie aufgelšst wurde.

Hatte bis dahin die Entwicklung der sachlichen BezŸge der Genealogie zur Bevšlkerungsgeschichte, zur Wirtschaftsgeschichte und zur Sozialgeschichte im deutschen Sprachraum einen zeitlichen Vorsprung, so gingen nach 1945 neue Anstš§e von Frankreich, den Niederlanden, Schweden, Gro§britannien und den USA aus, wo sich die Familiengeschichtsforschung in den letzten Jahrzehnten zu einer weit verbreiteten FreizeitbetŠtigung entwickelt hat. Die Genealogische Gesellschaft von Utah Ÿbernahm bei der Anwendung des Computers in der Genealogie international eine organisatorische FŸhrungs- und Spitzenrolle. Um 1950 hatten die Genealogen in Deutschland und …sterreich begonnen, alte Vereine, Verlage und Zeitschriften aus der Zeit vor 1933 zu reaktivieren oder neue zu grŸnden. 1969 durfte auch in der DDR in Magdeburg eine erste Arbeitsgemeinschaft Genealogie gegrŸndet werden.

Obwohl seit 1929 ³Internationale Kongresse fŸr Genealogieã stattfinden, hat es der betont regionale und nationalsprachliche Charakter der Quellen bisher verhindert, dass es zur Entwicklung einer international und theoretisch umfassenden Genealogie gekommen ist. Zweifellos hat aber die Entwicklung der genealogischen Computerprogramme einen mehr und mehr internationalen Charakter.

Mit dem Boom des Internets hat parallel auch die Genealogie einen enormen Aufschwung genommen. Durch das Medium Internet kšnnen weltweite Kontakte zwischen Forschern schnell und kostengŸnstig hergestellt werden. In genealogischen Datenbanken im Internet sind heute viele Millionen erforschter Ahnentafeln und StammbŠume zu finden. Bei einem Teil der Genealogen hat sich dadurch die Meinung verbreitet, diese Arbeitsweise sei die Genealogie an sich; und es wird vergessen, dass nur durch grŸndliche Arbeit an den Quellen derartige Datenbanken entstehen und weiter ausgebaut werden.

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Quellen

Mitteleuropa gehšrt zu den Regionen der Welt, in denen seit dem 16. Jahrhundert in Form der KirchenbŸcher und der GerichtshandelsbŸcher, seit Ende des 18. Jahrhunderts auch in Form der PersonenstandsbŸcher, geeignete Quellen fŸr die Familiengeschichtsforschung vorhanden sind, in denen die Hauptlebensdaten fŸr jede Person nachgewiesen werden kšnnen, sofern die entsprechenden Quellen nicht vernichtet worden sind.

Weitere wichtige Quellengruppen der Genealogie, die aber nur fŸr bestimmte Bevšlkerungsgruppen, oft nur der sozialen Oberschicht bzw. des Besitz- und BildungsbŸrgertums, vorhanden sind, sind zum Beispiel BŸrgerbŸcher, Leichenpredigten bzw. Personalschriften, UniversitŠtsmatrikel, Pfarrerverzeichnisse, Testamente und andere Akten, aus denen die verwandtschaftliche Stellung der Personen zueinander oder wenigstens - damit sich der Tote Punkt der Nachforschungen Ÿberwinden lŠsst - ihr Heimatort erkennbar ist, wie beispielsweise die Passagierlisten der Auswandererschiffe aus dem 19. und 20. Jahrhundert und die Musterungslisten.

Eine weitere Quellengruppe sind Listen und Akten, die die Existenz von Personen an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit nachweisen und ihre soziale Stellung, wie zum Beispiel Steuerlisten und AdressbŸcher.

Auf der Grundlage der bereits genannten und weiterer primŠrer Quellen sind dann Karteien, Dateien und BŸcher erarbeitet worden, die selbst wiederum als sekundŠre Quellen dienen. Zu dieser Quellengruppe gehšren die OrtsfamilienbŸcher, HŠuserbŸcher, GŸterchroniken und DienerbŸcher, aber auch die Ahnenstammkartei des deutschen Volkes.

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Archive

Die KirchenbŸcher befinden sich in den Pfarrarchiven der jeweiligen Kirchgemeinde und Glaubensgemeinschaft. In einigen Territorien sind die Originale der KirchenbŸcher oder ihre Kopien und Verfilmungen in zentralen Archiven konzentriert und dort fŸr die Benutzung zugŠnglich. Diese zentralen Archive kšnnen kirchliche oder staatliche Archive sein, im zustŠndigen Bistum, wie beispielsweise in MŸnster, im zustŠndigen Landeskirchenarchiv, wie zum Beispiel in Kassel, oder auf Grund einer Vereinbarung mit der Kirche im Landesarchiv, wie beispielsweise in Innsbruck fŸr Tirol, in den Archiven der Schweizer Kantone und im Elsass. Die jeweilige ZustŠndigkeit und den Lagerungsort gilt es in jedem Falle zu ermitteln.

Die GerichtshandelsbŸcher und andere wichtige Quellen findet man in den zustŠndigen Staatsarchiven, weitere Quellengruppen in den Stadtarchiven. Seit 1875 gibt es in Deutschland StandesŠmter, in denen die Personenstandsregister gefŸhrt werden.

Die Erforschung der Ahnen hat bei der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage (Mormonen) eine wichtige religišse Bedeutung. Deshalb archiviert die Genealogische Gesellschaft von Utah KirchenbŸcher und andere genealogisch wichtige Dokumente auf Mikrofilm. Diese Kirchenbuch-Filme kšnnen in vielen Familien-Genealogischen Zentren auf der ganzen Welt auch von Nichtmitgliedern eingesehen werden.

Zahlreiche Kirchenbuchverfilmungen, vor allem auch aus den frŸheren deutschen Ostgebieten, findet man auch in der Deutschen Zentralstelle fŸr Genealogie in Leipzig.

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Wissenschaftliche Arbeitsweise und Bedeutung

Da wissenschaftliche Forschungen bei vielen Fragen der ReprŠsentativitŠt bedarf, galten genealogische Quellen lange Zeit als ungeeignet. In den Arbeiten von Jacques Dupaquier zur Sozialgeschichte Frankreichs und von Volkmar Weiss zur Sozialgeschichte Sachsens wurden jedoch reprŠsentative Stichproben erhoben, wobei sich Dupaquier auf Stammlisten stŸtzte und Weiss hunderte von bereits veršffentlichten Ahnenlisten als Datengrundlage hatte.

Wissenschaftlichkeit der Arbeitsmethoden bedeutet auch fŸr die Genealogen die ObjektivitŠt der Forschung, unabhŠngig von der Person, die sie betreibt. D.h., dass Abstammungen nur dann als belegt gelten kšnnen, wenn andere Forscher, die von den vorhandenen Quellen ausgehen, zu denselben Ergebnissen gelangen mŸssen. Bestehen Zweifel und Unsicherheiten, so sind diese in den Ahnenlisten usw. als solche zu kennzeichnen. Errechnete Werte oder blo§e Vermutungen mŸssen als solche erkennbar sein.

Auch etablierte akademische Disziplinen besitzen in der Regel keine stŠndigen Kontrollgremien, sondern setzen das Streben nach Wahrhaftigkeit aller Forscher voraus. Das Kriterium, das den Forscher vom Phantasten (etwa beim unbekannten Vater fŸr ein uneheliches Kind) oder gar BetrŸger trennt, ist die Wiederholbarkeit des Abstammungsnachweises durch andere Forscher. SorgfŠltigeres Arbeiten, etwa durch die Einbeziehung neuer, bisher unbekannter Quellen und Methoden (siehe auch Vaterschaftsgutachten) kann dabei in EinzelfŠllen durchaus zu Revisionen bisher als ausreichend belegt geltender Abstammung fŸhren, ohne dass dadurch die Wissenschaftlichkeit des ersten Forschers generell in Frage gestellt werden muss. Auch IrrtŸmer kšnnen jedem unterlaufen, obwohl er sie in seinem Streben nach Wissenschaftlichkeit nach KrŠften zu vermeiden sucht.

Zwischen der Begriffsgeschichte und der Genealogie besteht eine gegenseitige Beziehung, die bisher wenig beachtet wurde. Denn Sprache und Begriffe sind in Raum und Zeit verŠnderlich, Ÿber die sich genealogische Forschungen erstrecken. Familiennamen, Ortsnamen, Flurnamen, Berufsbezeichnungen, Verwandtschaftsbezeichnungen, Rechtsbegriffe und volkskundlich wichtige Begriffe - einschlie§lich der Formeln, mit denen die Pfarrer vorehelichen Geschlechtsverkehr und uneheliche Geburt brandmarkten - sind in guten Ahnenlisten zu Tausenden enthalten. Kartiert man zum Beispiel aus hunderten solcher Listen die Bezeichnungen der Berufe, Jahrzehnt fŸr Jahrzehnt getrennt, dann lŠsst sich die regionale Verbreitung, etwa fŸr die Bezeichnung von Bauern und der Begriffswandel belegen, was wiederum die Voraussetzung fŸr richtige Zuordnungen der Sozialgeschichte ist.

Der Genealoge kann dazu beitragen, die Aussagekraft seiner Arbeiten zu erhšhen, indem er Angaben zu verschiedenen Schreibweisen von Familiennamen und zu Berufen usw. in seinen Arbeiten quellengetreu wiedergibt und nicht modernisiert oder zu stark generalisiert. Dazu gehšrt etwas heimatgeschichtliche Erfahrung und FingerspitzengefŸhl: ³BŠckerã oder ³Beckerã zu unterscheiden, ist fast bedeutungslos, ³Fleischerã von ³Fleischhauerã aber sprach- und begriffsgeschichtlich bedeutsam und die Grenze zwischen ³Wagnerã und ³Stellmacherã trennt sogar Mundarten-RŠume.

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Genealogie und Genetik

Der Beginn des 20. Jahrhunderts war von der naiven Vorstellung geprŠgt, dass mit genealogischen Daten ein direkter Beitrag zu leisten wŠre, die Vererbung zahlreicher Merkmale zu klŠren. Man nahm einfach vorgegebene sprachliche Ganzheiten fŸr psychische Variable, etwa ³Ehrgeizã und ³GutglŠubigkeitã, so wie man ³blondes Haarã und ³blaue Augenã nahm, und untersuchte den Erbgang von Ehrgeiz und GutglŠubigkeit. Es kam dabei wenig heraus. Dennoch leistete die Genealogie einen wichtigen Beitrag: Die erste Beobachtung, die zu der Vermutung fŸhrt, dass Ÿberhaupt Vererbung vorliegen kann, ist immer die, dass das Merkmal (bzw. ein bestimmter AusprŠgungsgrad einer Variablen) beim Probanden und seinen Verwandten gegenŸber der Normalbevšlkerung (Grundgesamtheit) relativ gehŠuft auftritt. Diese prozentualen Anteile festzustellen (in der Medizinischen Genetik spricht man von der Belastungsziffer), dazu ist die genealogische Methode oft in der Lage. Schon 1869 hatte Francis Galton auf diese Weise festgestellt, dass bei 100 MŠnnern mit Spitzenleistungen auf mathematisch-naturwissenschaftlichem Gebiet 26 der VŠter, 47% der BrŸder, 60% Sšhne, 14% der Gro§vŠter, 16% der Onkel, 23% der Neffen, 14% der Enkel 5% der Onkel der Eltern, 16% der Cousins und 7% der Urenkel Leistungen auf sehr hohem Niveau erbracht haben. 0bwohl dieses Ergebnis im vorigen Jahrhundert mehrfach mit neuen Untersuchungen bestŠtigt worden ist, lŠsst sich damit die grundsŠtzliche Frage, welchen Anteil Elternhaus und Erziehung und welchen die Vererbung am Zustandekommen solcher Zahlen haben, nicht klŠren. Nur ein Teil der Merkmale (wie etwa die Bluterkrankheit) folgt einem auch genealogisch nachvollziehbaren Erbgang. Bei vielen komplexen Sachverhalten hat es sich als schwierig oder bisher unmšglich erwiesen, einzelne Genwirkungen zu erkennen.

Mit der Entzifferung des genetischen Codes, auch beim Menschen, haben sich die Aussichten auf Erfolge jedoch grundlegend verbessert. Zweifelhafte Abstammungen kšnnen durch DNA-Analyse und Vaterschaftsgutachten eindeutig geklŠrt werden. Die genealogischen ZusammenhŠnge ganzer Bevšlkerungen, z.B. von Island, werden dazu herangezogen, noch ungeklŠrte Fragestellungen der Humangenetik zu beantworten.

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Heimatgeschichte und Genealogie

Fast jeder Genealoge ist nicht nur Kenner der Heimatgeschichte bestimmter Gebiete, sondern trŠgt aktiv zur Erarbeitung eines au§erordentlich lebendigen Geschichtsbildes und damit zur Aneignung des historischen Erbe bei. Fast in jeder Ahnenliste hŠufen sich die Ahnen im 16. bis 18. Jahrhundert in bestimmten Gemeinden, ja stellen in manchen Dšrfern einen betrŠchtlichen Prozentsatz der Einwohnerschaft. FŸr die Einordnung und Bewertung der Berufe, der Kaufpreise der GŸter und HŠuser oder der landschaftsgebundenen Begriffe wird damit ein heimatgeschichtliches Grundwissen unentbehrlich. In vielen FŠllen ist die bereits vorhandene heimatgeschichtliche Literatur (zum Beispiel Chroniken; Beilagen in Tageszeitungen; Reihe Werte unserer deutschen Heimat) selbst eine wertvolle genealogische Quelle, in anderen Orten bearbeitet der Genealoge ein Ortsfamilienbuch oder verfasst die Ortschronik und heimatgeschichtliche BeitrŠge und Lebensbilder. Heimatgeschichte, angefŸllt mit Genealogie und damit mit dem persšnlichen Bezug zur Gegenwart, ist keine abstrakte Geschichte mehr, sondern angefŸllt mit wirklichen Personen, Ereignissen, Daten, HŠusern und dem gesamten Spektrum der LebensumstŠnde der Vergangenheit mit ihren sozialen Konflikten und KŠmpfen.

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Sicherstellung genealogischer Ergebnisse

Die Sicherung verlangt die dauerhafte, der šffentlichen Benutzung zugŠngliche, Aufbewahrung von Forschungsergebnissen. Beim derzeitigen Stand der Technik (und voraussichtlich auch noch mindestens in den nŠchsten zwei bis drei Jahrzehnten) ist das nicht die Speicherung in elektronischer Form , wie zahlreiche Genealogen inzwischen irrtŸmlicherweise annehmen dŸrften, sondern der Ausdruck auf gutem Papier. Alle derzeit Ÿblichen Speichermedien (Diskette, CD, DVD usw.) haben nur eine Haltbarkeit von wenigen oder einigen Jahren, ebenso die GerŠte und Programme zum Lesen dieser DatentrŠger. Das gleiche gilt fŸr elektronische Datenbanken, fŸr die eine regelmŠ§ige Umspeicherung notwendig ist, die in Zeiten von Krisen, Krieg und Geldnot auf lange Dauer von niemandem zum jeweils notwendigen Zeitpunkt garantiert werden kann. Gute Papierausdrucke dagegen kšnnen auch noch in 100 Jahren gelesen und bei Bedarf wieder eingescannt werden.

Von allen im 20. Jahrhundert von Genealogen erarbeiteten Materialien (Ahnenlisten, Kirchenbuchverkartungen usw.) dŸrfte die HŠlfte inzwischen wieder vernichtet und verloren sein. Beim gegenwŠrtigen Stand des rechnergestŸtzten Druckes und der jedermann zugŠnglichen Kopiertechnik sollte das heute kein Problem mehr sein. TatsŠchlich dŸrfte sich aber der Anteil der dauerhaft gesicherten Ergebnisse derzeit eher verringern, statt erhšhen, da den Genealogen die VergŠnglichkeit der gegenwŠrtigen elektronischen Speicher nicht ausreichend bewusst ist.

Wenn keine Drucklegung der Arbeit in einer Zeitschrift oder Buchreihe sinnvoll oder mšglich ist, sollten von jeder genealogischen Arbeit mindestens ein halbes Dutzend Ausdrucke bzw. Kopien des Originals angefertigt werden. Zwei davon soll und muss die Deutsche Bibliothek (die fŸr derartige Einsendungen auch Geldmittel zur teilweisen Kostenerstattung zur VerfŸgung hat) erhalten, ein Exemplar gehšrt in die zustŠndige Landesbibliothek des jeweiligen Bundeslandes, eines in die Deutsche Zentralstelle fŸr Genealogie in Leipzig, weitere Exemplare in das regional zustŠndige Staatsarchiv, das zustŠndige Pfarramt (bei einem Ortsfamilienbuch) und in mindestens eine wichtige regionale Wissenschaftliche Bibliothek und ein Stadtarchiv. Auf dem Titelblatt sollte rechts oben dieser VerteilungsschlŸssel der Standorte angegeben werden. Werden derartige, nicht im Buchhandel erhŠltliche Arbeiten zitiert, dann sollte stets der Standort angegeben werden.

Im Nachlass sollten geeignete (d.h. geordnete und mit Quellenverzeichnis versehene) Materialien durch klare, zu Lebzeiten getroffene, schriftliche Festlegungen an Archive, Museen oder Bibliotheken Ÿbergeben werden. Nach allen Erfahrungen gehen im privaten Besitz (bei den leiblichen Erben) verbliebene Materialien der šffentlichen Benutzung und damit der weiteren Forschung hŠufig všllig verloren. Auch Karteien, selbst wenn sie in Archive gelangen, sind als Unikate nicht gegen Unordnung und Diebstahl einzelner Karten gesichert. Ihre Benutzung ist an einen einzigen Standort gebunden und damit erschwert. Auch hierfŸr ist ein zusammenhŠngendes Manuskript mit mehreren Ausdrucken die sicherste Lšsung. Nur auf diese Weise wird die immense Arbeit fŸr die weitere Forschung nutzbar. Karteien, die als ungeordneter Nachlass in irgendein Archiv gelangen, bleiben erfahrungsgemŠ§ oft fŸr Jahrzehnte unauffindbar und praktisch verloren.

Sicherstellung hei§t nicht nur Aufbewahrung, sondern vor allem auch GewŠhrleistung der weiteren šffentlichen Benutzung, die ja fŸr den Genealogen auch die Voraussetzung seiner eigenen Arbeit war.

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Bedeutende Genealogen

á        Johann Christoph Gatterer

á        Stephan KekulŽ von Stradonitz

á        Johannes Hohlfeld[1] (http://www.volkmar-weiss.de/hohlfleb.html)

á        Franz Schubert

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