Bamberg und Apulien

Unter diesem Titel habe ich am 21. Mai 2007 im Rahmen der Ringvorlesung Das Bistum Bamberg in der Welt des Mittelalters einen Vortrag gehalten. Die dabei benutzte Präsentation können Sie hier herunterladen, sie ist allerdings mit 23 MB recht umfangreich, daher sollten Sie über einen schnellen Internetzugang verfügen. Alternativ können Sie die Webversion benutzen.
Ich nutze die Gelegenheit, einige ergänzende Bemerkungen und Hinweise nachzuliefern.
Inzwischen ist der Sammelband mit den Vorträgen erschienen:
Das Bistum Bamberg in der Welt des Mittelalters. Sie können über den Opusserver den gesamten Band herunterladen; einzelne Beiträge zum Herunterladen finden Sie hier. Direkt zu meinem Beitrag.

Wider die herrschende Lehre zur Entstehung des Sternenmantels

Sternenmantel-Detail Die im Museum und in der Jubiläumsausstellung sowie in deren Katalog vertretene Auffassung (auf der Grundlage der verdienstvollen Veröffentlichungen von Renate Baumgärtel-Fleischmann), der Sternenmantel sei in Regensburg hergestellt worden und erst nach 1020 fertiggestellt, ist nach meiner Auffassung nicht haltbar. da die Beweisführung mit stilistischen Parallelen in Initialen von Handschriften zwar methodisch vertretbar ist, sich solche Parallelen aber in zahlreichen Handschriften der unterschiedlichsten Herkunft finden, sowohl südlich wie nördlich der Alpen. [im Netz finden Sie die "offizielle" Version hier (Archivversion 2016); Informationstext zum Herunterladen als pdf oder doc; Abbildungen finden Sie beim Erzbistum, bei den virtuellen Überresten der Heinrichsausstellung, bei den Historical Needlework Resources oder beim Bildindex der Kunst und Architektur (ältere Schwarzweißaufnahmen aus dem Anfang des 20. Jh.): im Suchfeld links unten Sternenmantel eingeben.]

Der Friedenswunsch pax für den Auftraggeber Ismahel kann nicht als Argument dafür verwendet werden, es handele sich um einen Toten: das kann jeder Besucher einer Messe feststellen, außerdem stammt Meles aus dem Mittelmeerraum und einer kulturellen Kontaktzone, in der der Gruß schalom oder salam zur alltäglichen Erfahrung gehörte. Auch wäre wohl anzunehmen, daß bei einer Memorialinschrift auf dem Mantel der vom Kaiser verliehene Titel, wenn vielleicht auch abgekürzt nur als dux, Erwähnung gefunden hätte.
Deswegen muß man die Werkstatt nicht im tiraz des vornormannischen Palermo suchen, wie dies Michele Amari in der Mitte des 19. Jh. getan hat 1. Die Herstellung in Bari wäre wegen des lateinischen Textcorpus leichter vorstellbar, wie es auch vorgeschlagen worden ist 2. Ich selbst möchte die Entscheidung offen lassen: Italien von Rom ab nach Süden kann in Frage kommen, wenn wir den Ursprungsort des Mantels suchen. Süditalien als Alternative zu einem noch als fraglich empfundenen Regensburg war noch bei den ersten Ausstellungen nach dem Zweiten Weltkrieg akzeptiert 3.
Es ist unwahrscheinlich, daß ein Kenner byzantinischer Verhältnisse, und ein solcher war Meles sicher, auch wenn er nur in einer byzantinischen Provinzhauptstadt am westlichen Rande des Reiches lebte 4 - sein Sohn Argyros wuchs nach der Deportation längere Zeit in Konstantinopel auf und war auch einer eleganten griechischen Minuskel mächtig, zugleich aber auch um die memoria seines Vaters bemüht, wie die Kontakte mit Heinrich III. im Jahre 1054 zeigen (D H.III. 322) 5 - sich ohne das fertige "diplomatische Seidengeschenk" 6 auf den Weg nach Norden gemacht hätte, zumal man bei ihm kaum eine genauere Kenntnis möglicher Bezugsquellen für derartige Luxusartikel jenseits der Alpen erwarten kann (und auch wir heute kaum etwas konkret nachweisen können: die bekannten Stoffobjekte stammten doch in aller Regel aus Byzanz, etwas später auch aus Sizilien!). Auch die Annahme, ein Gastgeschenk sei in einer dem Hofe des Empfängers nahestehenden Werkstatt, quasi in einer Hofwerkstatt, angefertigt worden, beruht auf eigenartigen Vorstellungen über die Mechanismen solcher Aufträge. Der Ansicht von Musca, Übergabe des Mantels und Investitur zum Herzog von Apulien seien bereits im Umfeld der Kaiserkrönung erfolgt 7, kann ich nicht folgen, da eine derartige Ernennung vor dem zweiten Aufstand doch Spuren in der italienischen Geschichtsschreibung hätte hinterlassen sollen: wo der vom Kaiser verliehene Titel erwähnt wird, erfolgt dies in Zusammenhang mit der Nachricht über den Tod des Meles im Norden.


© Horst Enzensberger 2007
Letzte Änderung 20.01.20